Manchmal kann es sein, dass wir in der Liebe an die immer gleichen Hürden geraten. Es scheint, als würde sich das Muster in den Beziehungen immer wiederholen.
Möglicherweise ziehen wir uns zurück, sobald die Beziehung an Nähe gewinnt und verbindlicher wird. Vielleicht werden wir mit der Zeit aber auch sehr anhänglich, um die Beziehung mit aller Kraft zu halten.
Wenn wir in unserem Liebesleben ein Muster ungesunder und emotional herausfordernder Verhaltensweisen festgestellt haben, könnte es von Vorteil sein, dem tiefergehend nachzugehen und die Art und Weise zu erforschen, wie wir uns in Beziehungen an andere Menschen binden. Die Bindungstypen in einer Beziehung können einen Aufschluss darüber geben.
Die Bindungstheorie
Auf Basis der Bindungstheorie von John Bowlby (1907 – 1990) wurden mit der Forschung von Mary Ainsworth (1913 – 1999) vier Bindungsstile für Kinder identifiziert, die unsere Beziehungen nachhaltig prägen und beeinflussen. Die Bindungsstile entwickeln sich in unserer frühen Kindheit und sind davon abhängig, wie schnell, verlässlich und feinfühlig die engsten Bezugspersonen auf unsere kindlichen Bedürfnisse wie Trost und Halt reagiert haben. Eine unsichere Bindung kann z. B. entstehen, wenn ein plötzlicher Verlust eingetreten ist oder Eltern für ihre Kinder nicht ausreichend verfügbar waren, sich gleichgültig oder unberechenbar verhalten haben. Kindern mit unzuverlässigen Beziehungserfahrungen wird es zukünftig eher schwerer fallen, ein Vertrauen zu sich selbst und ihrer Umwelt aufzubauen.
Bindungstypen in einer Beziehung im Erwachsenenalter
Die US-Forscher Hazan und Shaver haben sich in den 1980er Jahren auf Grundlage der kindlichen Bindungsstile mit den Bindungstypen in einer Beziehung zwischen Erwachsenen beschäftigt. Ihrer Forschung zufolge gibt es bei Erwachsenen nur drei statt vier Bindungstypen, die ebenfalls mit bestimmten Mustern in der Beziehungsgestaltung zusammenhängen.
1. Bindungstypen in einer Beziehung: Sicherer Bindungsstil
Erwachsene mit einem sicheren Bindungsstil sind häufig in längeren Beziehungen und können ohne größere Schwierigkeiten Nähe zu anderen Personen aufbauen. Sie nehmen ihre Beziehungen als stabil und unterstützend wahr, sind zuverlässig und können ihre Gefühle offen ausdrücken. Ihre Beziehungen beruhen auf Ehrlichkeit, Toleranz und emotionaler Intimität. In ihrem Menschenbild gehen sie davon aus, dass andere ihnen wohlwollend gegenüber Stehen und ihnen Gutes wollen. Durch diese Einstellung und Ausstrahlung werden sie von ihrer Umwelt häufig als sehr positiv wahrgenommen. Sie selbst haben ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein und sind offen für neue Erfahrungen, von denen ihnen bewusst ist, dass sie diese mit ihrem Verhalten mitgestalten können.
2. Bindungstypen in einer Beziehung: Ängstlicher Bindungsstil
Ängstlich gebundene Menschen fürchten sich davor, von anderen nicht als liebenswert gesehen zu werden oder gar verlassen zu werden. Entsprechend sehnen sie sich in einer Beziehung nach viel Sicherheit und legen großen Wert auf das Engagement und die Anerkennung des Partners. Nehmen Erwachsene mit einem ängstlichen Bindungsstil eine Zurückweisung wahr oder erfahren weniger Intimität und Engagement, kommt es häufig dazu, dass sie mit aller Mühe in die Beziehung investieren und dadurch häufig als anhänglich und fordernd wahrgenommen werden. Oftmals neigen sie dazu, andere Menschen zu idealisieren. Ihr eigenes Selbstbild ist hingegen oft eher negativ. Bei ängstlich gebunden Personen ist der Selbstwert eher gering ausgeprägt und sie gehen davon aus, Ereignisse wenig durch ihr Verhalten beeinflusst werden kann.
3. Bindungstypen in einer Beziehung: Vermeidender Bindungstil
Erwachsenen mit einem vermeidenden Bindungsstil legen großen Wert auf ihre Unabhängigkeit. Es fällt ihnen schwer, anderen Leuten zu vertrauen. Sie fühlen sich oft unwohl, wenn sie eine emotionale Verbundenheit spüren und versuchen demnach tiefere soziale Beziehungen eher zu vermeiden. Sie haben insgesamt ein positives Bild von sich selbst und nehmen sich als stark und selbstgenügsam wahr. In emotionsgeladenen Situationen tendieren sie eher dazu, ihre Gefühle zu unterdrücken und zu verbergen. Im Gegensatz zu sicher gebundenen Personen gehen sie nämlich eher nicht davon aus, dass sie die Ereignisse um sich herum mit ihrem Verhalten beeinflussen können.
Menschen mit unsicheren Bindungsstilen müssen sich häufiger bewusst darum bemühen, ihre Bindungsprobleme zu lösen. Es kann hilfreich sein, seinen Bindungstypen in einer Beziehung zu kennen und die daraus resultierende Beziehungsdynamik zu verstehen. Dies ermöglicht Paaren, einander besser zu verstehen und auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Sind wir folglich dazu in der Lage alte, negative Beziehungsdynamiken zu durchbrechen und neue, positive Beziehungserfahrungen zu machen, wird es möglich eine langfristig sichere Bindung aufzubauen. Kurzum: Die Bindungsstile im Erwachsenenalter werden durch die frühen Bindungserfahrungen in der Kindheit beeinflusst, sind zukünftig jedoch veränderbar.
Eine Einzel- und Paartherapie kann diesen Prozess sowohl einleiten als auch unterstützend begleiten.